Jahresbericht 2022 des Präsidenten


Es freut mich, dass wir auch im vergangenen Jahr unsere Leistungen in den Bereichen Notschlafstelle, Teilbetreutes Wohnen, Begleitetes Wohnen und Wohnungsvermittlung in der bewährten und guten Qualität anbieten konnten. Alle Angebote wurden rege genutzt, die Notwendigkeiten unserer Leistungen sind vorhanden und werden geschätzt. Die verschiedenen Angebote der Wohnhilfe Thun sprechen verschiedene Personenkreise an und erfüllen damit auch unterschiedliche Aufgaben. Die Gemeinsamkeit ist, dass sie zur Verhinderung und Bewältigung von Obdachlosigkeit dienen.


Im Vorstand kam es im letzten Jahr zu einem Wechsel. Herby Saxer, hat seine Vorstandstätigkeit im Frühjahr 2022 aus privaten Gründen niedergelegt. Ich danke Herby an dieser Stelle für sein Engagement zu Gunsten der Wohnhilfe. Erfreulicherweise konnten wir mit Nadja Balmer wieder ein neues Vorstandsmitglied gewinnen. Mit ihrer Erfahrung aus der Immobilienbranche kann sie ihr Fachwissen im Rahmen ihrer Vorstandstätigkeit sinnvoll einbringen. Ab Frühjahr 22 hat sie als Beisitzerin an den Vorstandssitzungen teilgenommen, ihre offizielle Wahl erfolgt an der Mitgliederversammlung im Mai 2023. An der letzten Mitgliederversammlung hat ebenfalls die Vertreterin der Stadt Thun, Corinne Caspar, den Vorstand verlassen. Diese Entflechtung zwischen Verein und Stadtverwaltung ist im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt. Nach wie vor besteht eine enge und gute Zusammenarbeit mit der zuständigen Abteilung Soziales Thun. Anstelle von Corinne Caspar hat Rea Christener das Vizepräsidium übernommen.


Der Vorstand hat sich in seiner neuen Zusammensetzung schnell zu einem Team zusammengefunden und die Themen und Aufgaben an seinen Sitzungen zügig und konstruktiv bearbeitet. Ich danke meinen Vorstandsmitgliedern herzlich für ihr Engagement und ihr Mittragen.


Herzlich danke ich allen Mitarbeitenden und dem Geschäftsführer für ihren tagtäglich engagierten Einsatz. Dank eurem Engagement können die Leistungen der Wohnhilfe Thun 365 Tage und Nächte im Jahr angeboten werden. Mein Dank geht auch an alle Vereinsmitglieder, an Spender und Spenderinnen für das Interesse und die grosszügige Unterstützung unserer Tätigkeiten sowie an die Stadt Thun für die gute Zusammenarbeit.


Ausblick:
Obdachlosigkeit nimmt in der Schweiz wieder zu. Kürzlich veröffentlichte Medienberichte haben über die aktuelle Situation informiert. Mit der SNF-Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz «Obdach: Ausmass, Profil und Erklärungen der Obdachlosigkeit in den 8 der grössten Städte der Schweiz», stehen fundierte Forschungsergebnisse zur Verfügung. Aus den Resultaten dieser Studie ergeben sich folgende Implikationen für die Verhinderung und Bekämpfung von Obdachlosigkeit.


  • Obdachlosigkeit ist in der Schweiz eine Realität
  • Obdachlosigkeit kann durch niederschwellige Wohnangebote verhindert oder bekämpft werden
  • Exklusionen sollten aus der Gesellschaft frühzeitig verhindert, aufgefangen oder gemildert werden
  • koordinierende Fachstellen sind gefragt, um das komplexe Themenfeld der Obdachlosigkeit mit seiner existentiellen Bedeutsamkeit für die Betroffenen angemessen zu bearbeiten
  • das Angebot an Soforthilfen ist für Obdachlose in besonders bedrohlichen Lebenssituationen zu prüfen
  • die Selbsthilfepotentiale der Betroffenen sind noch mehr zu nutzen
  • die Inanspruchnahme von Sozialhilfe durch Obdachlose ist zu erhöhen
  • Obdachlosigkeit mit dem Thema Migration und Aufenthaltsrecht muss stärker verknüpft werden


In der Region Thun führt die Obdachlosigkeit erfreulicherweise noch nicht zu einem unmittelbaren Handlungsdruck. Die aktuell steigenden Belegungszahlen der Notschlafstelle zeigen jedoch, dass auch in der Region Thun die Anzahl an bezahlbaren Wohnungen immer mehr abnimmt. Dies wirkt sich auch auf die Klientel der Notschlafstelle aus. Im aktuellen Geschäftsjahr führt der Vorstand zusammen mit den Mitarbeitenden der Notschlafstelle einen Visionstag durch, um Lösungen für die zukünftigen Herausforderungen zu erarbeiten. Spruchreife und umsetzbare Szenarien erfolgen dann in einem weiteren Schritt. Dazu ist eine gute Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern, der Abteilung Soziales der Stadt Thun sowie den anderen regionalen Sozialdiensten erforderlich. Ich bin zuversichtlich, dass uns dieser Entwicklungsprozess gemeinsam gelingen wird und danke bereits all jenen Personen, die dabei mithelfen.


Andreas Berger